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100 Jahre Wohnraumförderung in Wien – Ein Modell?

Vor dem Hintergrund der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg begann die Stadt Wien in den 1920er Jahren selbst Wohnungen zu bauen und begreift die Bereitstellung „leistbaren“ Wohnraums bis heute als Kernaufgabe der Gemeinde. Veräußerung von kommunalen Beständen hat es nie gegeben.

Grundlage des Wiener Modells ist eine sehr aktive Bodenvorratspolitik, dank derer Wien über riesige Vorräte an Bauland und Bauerwartungsland verfügt, derzeit über 3 Mio. m², davon ca. 200.000 mit bestehenden Baurechten. Zentrales Instrument für Erwerb, Baureifmachung, Bereitstellung und Entwicklung von Grundstücken ist seit 1984 der gemeinnützige wohnfonds_wien. Alle geförderten Wohnprojekte, werden im Rahmen eines Bauträgerwettbewerbs oder im Grundstücksbeirat beurteilt und begleitet, was zu der international beachteten Qualität der Wohnungsbauentwicklung in Wien beigetragen hat

Bis 2004 baute die Stadt vor allem selbst und es entstand ein kommunaler Wohnungsbestand von 220.000 Wohnungen, verwaltet von der Wiener Wohnen. Inzwischen spielt die Vergabe von geförderten Wohnungen und die Förderung von Genossenschaften die Hauptrolle, so dass diese heute ebenfalls über fast 200.000 dauerhaft sozialgebundene Wohnungen verfügen.

Aufgrund der hohen Einkommensgrenzen wären ca. drei Viertel der Wiener Bevölkerung bezugsberechtigt. Tatsächlich wohnt etwa jeder zweiter Wiener Haushalt in einer Gemeinde- oder Sozialwohnung. Das trägt nicht nur zur Akzeptanz dieser Politik, sondern auch zur sozialen Durchmischung der Quartiere bei.

Kann man das Wiener Modell nicht einfach kopieren?  Leider nein, denn das dortige Förder- und Mietrecht ist sehr komplex und unterscheidet sich deutlich von den deutschen Verhältnissen. Auch hängt der große Erfolg sehr mit der langen Tradition zusammen. Was man daraus lernen kann bedarf einer sorgfältigen Diskussion und Würdigung unterschiedlicher Aspekte, die hier nicht geleistet werden kann. Als Stichworte seien genannt: Wohnungsgemeinnützigkeit, aktive und sozialgerechte Bodenpolitik, öffentliche Wohnungsunternehmen, politische und fiskalische Kontinuität.

Ein Beitrag von Stefan Krapp und Volker Bleikamp zum Deutschen Architektenblatt DAB, Ausgabe NRW, 01-02/2024

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